Über Flexitility

Hintergrund

CC Peter Haas

Der Klimawandel ist bereits jetzt in Form vermehrt auftretender oder stärkerer Extremwetterereignisse spürbar. Starker Regen oder lange Phasen von Trockenheit und Hitze sind nur zwei Beispiele dafür. Von diesen Extremwetterereignissen sind auch die städtischen Infrastrukturen wie z.B. die Wasser- und Energieversorgung betroffen. Mit hohen, kurzzeitigen Leistungsnachfragen werden sie immer häufiger an ihre Kapazitätsgrenzen gebracht. Ein höherer Wasserverbrauch in Trockenperioden zum Bewässern von Äckern, Grünflächen und Gärten, ein steigender Stromverbrauch durch Klimaanlagen bei Hitze oder überflutete Abwassersysteme bei Starkregen – dies sind Herausforderungen, die die Versorgungsinfrastrukturen in Städten und Gemeinden in Zukunft bewältigen müssen.

Flexibilisierung als Alternative zum Infrastrukturausbau

Um diesen Veränderungen Rechnung zu tragen, stehen Kommunen zunehmend vor der Entscheidung: Infrastrukturen erweitern und teuer ausbauen oder mit erheblichem technischem und organisatorischem Aufwand die Ver- und Entsorgungssysteme dezentralisieren? Im Projekt Flexitility wurde hingegen eine weitere Möglichkeit als potentielle Alternative zum Aus- und Umbau betrachtet: die Flexibilisierung des Infrastruktur- und Ressourceneinsatzes durch das Erkennen von Potenzialen im bestehenden System.

Zielsetzung Flexitility

CC Ildar Sagejev

Das Projekt „Flexible Utility“ (Flexitility) hat zum Ziel, auf kommunaler Ebene Infrastrukturbetreiber und städtische Entscheidungsträger dabei zu unterstützen, mit den Risiken des Klimawandels sicherer umzugehen.
Ihre Resilienz, also ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber den Folgen des Klimawandels, soll durch die Verringerung kurzzeitiger, hoher Leistungsnachfragen erhöht werden. Über technische Eingriffe und ein angepasstes Verbraucherverhalten gilt es, im bestehenden Versorgungssystem vorhandene Potenziale für den Umgang mit Spitzenverbräuchen, z.B. aufgrund von Extremwetterereignissen, zu nutzen. Dies leistet zugleich auch einen Beitrag für eine sichere Versorgung für die Zukunft und eine klimaresiliente Stadtentwicklung.

Die Herangehensweise

problematische Spitzenlasten bei Extremwetter (gestrichelte Linie) und geglättete Nachfragekurve als Ziel von Flexitility (durchgehende Linie)

Konzeptionelle Grundlage von Flexitility ist, nachfrageseitig im Netz Puffer und Speicherkapazitäten zu schaffen bzw. gezielt zu aktivieren. Dadurch sollen Spitzenverbräuche, die gerade bei Extremwetter die Energie- oder Wasserversorgung an kapazitäre Grenzen bringen könnten, geglättet und auf nachfrageschwache Stunden verlagert werden. Somit wird eine neue Bewältigungskapazität zwischen Normalbetrieb der Infrastrukturen (grün) und Gefahr der Überlastung (rot) geschaffen.
In der Landwirtschaft wird für den steigenden Bewässerungsbedarf die Ressource Abwasser genutzt, auch um das Wasser regional in den Kreislauf zurückzuspeisen, anstatt es in den Vorfluter und schließlich die Meere abzuführen.

Einbindung von Infrastrukturbetreibern, Städten und Bürger*innen

Angelehnt an reale Bedingungen wird seit 2019 im Projekt Flexitility analysiert und experimentiert, wie diese Umgestaltung, d.h. eine Flexibilisierung des Infrastruktur- und Ressourceneinsatzes in den genannten Versorgungssystemen, aussehen kann. Ein wichtiger Aspekt war hierbei die aktive Beteiligung von Bürger*innen sowie die Einbindung von Städten und Infrastrukturbetreibern in den Regionen Herzberg (Elster) und Anhalt. Im „Reallabor Anhalt“ wurde modellhaft erprobt, wie Flexibilisierungen technisch bei der Ver- und Entsorgung sowie betrieblich durch Beeinflussung des Nutzungsverhaltens von Kund*innen vonstattengehen können. Darüber hinaus wurden in einem bundesweiten „digitalen Reallabor“ umfangreiche Verbraucherbefragungen durchgeführt.

Beispiel für Bürger:innen-Einbindung: Ihre Einstellung zu dezentralen Trinkwasser-Zwischenspeichern war weitgehend positiv (Quelle: co2online).

Fallbeispiel Herzberg (Elster)

In der aktuellen Umsetzungs- und Verstetigungsphase werden Ansätze einer dezentralen Zwischenspeicherung von Trinkwasser sowie der Wiederverwendung von gereinigtem und hygienisiertem Abwasser in der Stadt Herzberg (Elster) sowie auf der Kläranlage Uebigau praktisch erprobt. Dadurch sollen sowohl technische und betriebliche Lösungen, deren Potenzial, als auch begleitende Sicherheitsvorkehrungen für diese Ansätze übertragbar und bekannt gemacht werden. Zudem wird ein in der vorherigen Forschungs- und Entwicklungsphase konzipiertes Klimaresilienzmodell für Kommunen gemeinsam mit Anwendern erprobt und weiterentwickelt.

Finanzielle Förderung des Projektes

Das Projekt wird seit 2019 bis September 2024 im Rahmen der „Umsetzung der Leitinitiative Zukunftsstadt“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und vom Projektträger Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betreut. Eine erste Definitionsphase fand ab April 2017 für rund ein Jahr statt.